Bedeutung
Der Kirchenvorstand ist das Team, das die Kirchengemeinde geistlich leitet.
Er vertritt die Kirchengemeinde in allen Belangen. Er trägt die Verantwortung und trifft verbindliche Entscheidungen für alle Aufgaben und Aktivitäten, für rechtliche und geistliche Fragen im Leben der Gemeinde. Pfarrerinnen und Pfarrer und Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher arbeiten gemeinsam an der Umsetzung dieser Aufgaben. Haupt- und ehrenamtlich engagierte Mitglieder der Kirchengemeinde arbeiten gemeinsam daran, ihre kleine Welt zu verbessern.
Kurze Geschichte des Kirchenvorstand
Anfänge des "Presbyteriums" in der Urgemeinde
Schon in der Frühzeit des Christentums wurde die Gemeinde durch ein gewähltes Gremium geleitet (Apostelgeschichte 6,5; 15,6; 21,18). Diese Gruppe von Männern, die man die "Ältesten", griechisch "Presbyter", nannte, gab der Gemeindeleitung ihren griechischen Namen "Presbyterium". So heißt der Kirchenvorstand in manchen Landeskirchen noch heute. Die Ältesten hatten das Recht, Prediger zu berufen (1. Timotheusbrief 4,14) und genossen höchste Autorität (1. Petrusbrief 5, 1-5). Allerdings verlor sich die Form der Gemeindeleitung durch ein "Presbyterium" im Laufe der Kirchengeschichte. Unter dem Einfluss des Apostels Paulus wurden die Ältesten schon im 1. Jahrhundert nicht mehr gewählt, sondern berufen. Und bald gab es für eine Gemeinde nur noch einen "Hirten" - aus dem Presbyterium wurde der Priester.
Das "Priestertum aller Gläubigen" - Wiederentdeckt in der Reformationszeit
Erst in der Reformationszeit im 16. Jahrhundert wurde das "Priestertum aller Gläubigen" wieder entdeckt. Martin Luther widersprach der "Pfaffenkirche", so etwa in seiner Schrift "Dass eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen, Grund und Ursache in der Hl. Schrift" von 1523. Doch blieb dies zunächst ohne Folgen für die Verfassung der lutherischen Kirchengemeinden.
Zwar gab es in bestimmten reformatorischen Gemeinden bald Kirchenvorstände, etwa in der Kurpfalz, wo seit 1571 "Älteste" den Gemeinden vorstanden. Meistens setzte sich aber eine obrigkeitliche Kirchenverfassung durch: Der politische Machthaber war Oberhaupt der Kirche. Mit Hilfe des "Konsistoriums", eines Rates, der ihm unterstand, redete er bei allen Angelegenheiten der Gemeinden mit, bestimmte die Pfarrer und regelte ihre finanzielle Ausstattung.
Der "Kirchenvorstand": Gemeindeleitung seit dem späten 19. Jahrhundert
Erst mit den politischen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts kamen auch im Luthertum vermehrt "Presbyterien" und "Synoden" auf. 1815 wurde die Rheinpfalz mit ihren - von Kirchenvorständen geleiteten - Gemeinden zu Bayern hinzugerechnet. Nach ihrem Vorbild wurden in allen evangelischen Gemeinden Bayerns Kirchenvorstände eingeführt. Dabei wurden die Kirchenvorsteher von der Obrigkeit ausgewählt - oder die Familienoberhäupter einer Gemeinde wählten. Ende des 19. Jahrhunderts hatten fast alle evangelischen Gemeinden in Bayern einen Kirchenvorstand. Seine Aufgabe war vor allem die Vermögensverwaltung für die Gemeinden.
Nach der Trennung von Kirche und Staat nach dem Ersten Weltkrieg 1918 und in den Auseinandersetzungen mit den "Deutschen Christen" im Dritten Reich begannen viele Kirchenvorstände, das Gemeindeleben in allen Belangen selbstbewusst zu gestalten - ähnlich den Ältesten der Urgemeinde. Das ist bis heute so geblieben.
Aufgaben und Rechte des Kirchenvorstand
Die Aufgaben des Kirchenvorstandes sind vielfältig und geben weitreichende Möglichkeiten, das Gemeindeleben mit zu gestalten.
Gottesdienst:Der Kirchenvorstand verantwortet den Rahmen der Gestaltung und liturgischen Handlungen eines Gottesdienstes. Ebenso beschließt er über die Einführung neuer Gottesdienstformen und die Gottesdienstzeiten. Haben Sie Anregungen für den Gottesdienst? Die Mitglieder des Kirchenvorstandes sind Ihre Ansprechpartner.
Konfirmandenunterricht / Religionsunterricht / Kindergottesdienst: Der Kirchenvorstand ist verantwortlich etwa für die Planung und Inhalte des Konfirmandenunterrichtes. Formen des Kindergottesdienstes werden beschlossen, der Religionsunterricht im Kontakt mit den Unterrichtenden begleitet.
Kirchliche Gebäude: Der Kirchenvorstand entscheidet über die Überlassung der Gottesdienst- und Gemeinderäume für besondere Veranstaltungen.
Christliche Lehre und christliches Leben: Im Kirchenvorstand werden Fragen des christlichen Glaubens und des Lebens besprochen, z. B. wie kann das Evangelium heute glaubwürdig verkündet werden?
Besetzung der Pfarrstellen: Wenn eine Pfarrstelle neu besetzt werden muss, wirkt der Kirchenvorstand bei der Besetzung mit. Alternierend wählt er aus drei vorgeschlagenen Kandidatinnen/Kandidaten aus oder stimmt einem Vorschlag des Landeskirchenrates zu bzw. lehnt ihn ab.
Sprengelordnung: Der Kirchenvorstand berät mit bei der Frage, welche Geistliche, welcher Geistliche für welches Gemeindegebiet zuständig ist.
Förderung des Gemeindeaufbaus und des Gemeindelebens: Der Kirchenvorstand unterstützt und fördert vor allem die Bereiche: Diakonie, Mission, Männer- und Frauenarbeit, Jugendarbeit, Eltern- und Familiendienste, Kirchenmusik, Ökumene etc.
Konfliktmanagement: Bei Konflikten und Streitigkeiten innerhalb der Gemeinde übernimmt der Kirchenvorstand die Funktion eines Vermittlers.
Spenden: Für besondere kirchliche Aufgaben engagieren sich die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, um Spenden und freiwillige Dienstleistungen zu gewinnen.
Auf vermögensrechtlichem Gebiet hat der Kirchenvorstand folgende Aufgaben:
Er verwaltet das Ortskirchenvermögen.
Er beschließt über Haushaltsplan und Rechnung, die Erhebung des Kirchgeldes und stellt Mitarbeitende in der Kirchengemeinde ein.
Aber nicht nur innerhalb der Gemeinde kann der Kirchenvorstand Einfluss nehmen - auch auf landeskirchlicher Ebene wirkt er mit:
Die Kirchenvorstände schicken aus ihrem Team Frauen und Männer in die Dekanatssynoden, die regionalen Kirchenparlamente. Alle sechs Jahre wählen sie die Mitglieder der Landessynode. Diese besteht aus Ehrenamtlichen der verschiedensten Berufe und Regionen, aus Pfarrern, Hochschullehrern, Hausfrauen und -männern. Die Entscheidungen der Synode spiegeln die Vielfalt des evangelischen Glaubenslebens wieder.
Zusammensetzung des Kirchenvorstand
Die Zahl der Kirchenvorsteher/Kirchenvorsteherinnen richtet sich nach der Anzahl der Mitglieder in der Gemeinde
· bis zu 400 Mitglieder vier
· bis zu 1.000 Mitglieder sechs
· bis zu 2.000 Mitglieder acht
· bis zu 5.000 Mitglieder zehn
· bis zu 10.000 Mitglieder zwölf
· über 10.000 Mitglieder fünfzehn Kirchenvorsteher / Kirchenvorsteherinnen
Pfarrerin oder Pfarrer sind zusätzlich automatisch Mitglied im Leitungsteam der Kirchengemeinde. Mehrheitlich sind die Kirchenvorsteherinnen / Kirchenvorsteher gewählt, zum kleineren Teil werden sie berufen. Geistliche haben, ebenso wie die Ehrenamtlichen, jeweils eine Stimme.